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Proceedings of BauSim Conference 2014: 5th Conference of IBPSA-Germany and Austria

     

Energieeffizientes Design von Gebäuden – ein fächerübergreifendes Lehrkonzept für prozessorientierte Gebäudesimulation

M. Bauer, P. Vogel, S. Moosberger

Abstract: System planning for energy-efficient buildings using thermal building simulation is prepared with a practice-oriented procedure model in order to convey the teachings. The approach that is introduced helps prepare a student to integrally design, simulate and evaluate a non-residential building. To achieve this, the planning steps for the design planning are arranged in a workflow. The steps include digital planning using a 3D-CAD model, the performance and evaluation of the thermal building simulation, the verification of regulatory requirements and the evaluation of the planning. The individual planning steps for the simulation can be reviewed according to quantitative and qualitative evaluation methods developed for this purpose. Simulation fundamentals and applications with varying quality are conveyed on the basis of model buildings. EINLEITUNG Integrale Planung energieeffizienter Gebäude setzt umfassendes Verständnis des Gebäudesystems mit seinen Räumen und Nutzungen, der Baukonstruktion im Wechselspiel mit der Umweltwirkung sowie seiner gebäudetechnischen Ausstattung voraus. Mit den Werkzeugen für thermische Gebäudesimulation kann ein Effizienz-Ingenieur die Rolle des Systemplaners übernehmen und zentrale Kenntnis bzw. Kontrolle über das Verhalten von komplexen Gebäuden erreichen. Mit der Beherrschung dieser Technologie verändert sich die Gebäudesimulation aus der traditionellen Rolle von einer spezialisierten und zusätzlichen Teildisziplin hin zu einer Systemplanung mit zentraler Rolle im Planungsprozess. Durch die Planung des Gesamtsystems mit Hilfe thermischer Simulation wird die Bildung eines eine Kompetenzteams möglich, das aus dem Bauherrn, dem planenden Architekten und dem Systemingenieur besteht. Zentral werden aus diesem Team heraus alle Parameter für die Gebäudeeffizienz vorgeplant – sowohl für die Ausführung als auch für den späteren Betrieb. Der technische Stand und die Fortentwicklung öffnet die Simulation einer breiten Gruppe von Anwendern im Ingenieurbereich, die im Grundverständnis für die Komplexitätsbewältigung vorbereitet werden müssen. Hierzu ist eine Reihe von Fragestellungen für das Verständnis instationärer Systemanalysen zu klären. Die Literaturdurchsicht zur Lehrvermittlung zum Einsatz der Simulation bei integraler Planung gliedert die zusammengeführten Fachgebiete thematisch in sehr unterschiedlicher Weise: • Allgemeine, das Gesamtgebiet betreffende theoretische Hintergründe. (Yao, 2013) • Praktische Lehre mit dem Ziel, die Komplexität der Simulation durch einfache Gebäude mit vorgegebenen einfachen Analysewerkzeugen zu reduzieren bzw. komplexe Entwürfe mit Simulationsexperten zu analysieren. (Rheinhart) • Detaillierte akademische Programme für die Nutzung von (frei verfügbaren) Simulationswerkzeugen unter Berücksichtigung des Wissensstandes der Studierenden. (Strand) • Konkrete Vermittlung der Simulationsanwendung anhand einfacher Modelle mit steigender Komplexität der Modellbildung. (Hensen) - 578 Fifth German-Austrian IBPSA Conference RWTH Aachen University Abbildung 1: Modell für den Arbeitsfluss einer integralen Planung unter Anwendung von Simulationen • Grundlegende Einführung auf den wichtigen Feldern, welche die Simulation betreffen. (Hensen, 2011) • Vermittlung von theoretischen Hintergründen und allgemeinen Implementationsansätzen (Clarke, 2001) bis hin zum konkreten Aufbau numerischer Behandlung und Aufbau von Simulationsmodellen zur Vermittlung des Hintergrundes numerischer basierter Modelle. (van Treeck, 2009) Die Zusammenschau zeigt, dass ein iteratives Vorgehen zugrunde gelegt werden muss. Bei der Synthese von Entwurf und Energiesystem und deren Analysen zur Verschmelzung zu energieeffizienten Gebäuden sind weiter Methoden zur Komplexitätsbewältigung vorzusehen. Wesentliche Punkte müssen enthalten sein: • Theoretisches Hintergrundwissen zur Simulation • Aufbau von Simulationsmodellen steigender Komplexität • Modellübertragung von Entwürfen in eine Simulationsumgebung • Analytische Ansätze zur Plausibilitätskontrolle ARBEITSFLUSS UND LEHRMODELL FÜR ENERGIEEFFIZIENTE GEBÄUDEPLANUNG Im E2D-Simulationsansatz fügt ein Systemingenieur Raumplanung und technische Auslegung eines Gebäudes zu einer Ingenieurarchitektur zusammen. Er übernimmt selbst oder im eingangs beschriebenen Planungsteam die Gesamtverantwortung für die Nachhaltigkeit des Gebäudes (Entwurf, Behaglichkeit, Energie und technischer Betrieb, sowie Kosten). Alle konzeptionell entwickelten Vorgaben für Raum und Technik sind für den gesamten Planungs- und Realisierungsprozess, sowie für den Gebäudebetrieb verbindliche Anforderungen für alle Planer. Sie modellieren wesentliche Teile des Gebäudelebenszyklus. Die Simulationsumgebung wird dazu in einen rechnergestützten Konstruktionsprozess für integrale Planung einbezogen. Dazu sind die Fachgebiete CAD-Technologien, Konstruktionsmethodik und Gebäudesimulation zu kombinieren. Für die praxistaugliche Anwendung und das Erschließen der komplexen Zusammenhänge einer Simulationsumgebung wird das Lehrmodell vorgestellt. Im Ansatz folgt es einem zweidimensioalen Modell 1. Der gesamte Arbeitsfluss wird in einem Datenverarbeitungsprozess vom Planungsmodell bis zur Planungsfestlegung vermittelt. 2. Zu diesem Arbeitsfluss werden theoretische Hintergrundinformationen vermittelt. Beschreibung des Arbeitsflusses Der Arbeitsfluss selbst besteht aus drei Hauptarbeitsschritten. Er ist für die wesentlichen Fragen und die erforderliche Rückkopplung im Planungs- und Konstruktionsprozess iterativ ausgebildet: • Datenmodellierung mittels 3D-CAD Geometrie (BIM – Modell, Datenübertragung über die IFCSchnittstelle in die Simulationsumgebung). • Aufbereitung des Simulationsmodells, Modellvalidierung (Heizwärmesimulation, Kältesimulation) sowie der Aufbau und Simulation von Anlagentechnik. • Die Nachweisführung für Wirtschaftlichkeit bzw. gesetzliche Auflagen. Mit den rechnerischen Experimenten dieses Computer Aided Engineering Prozesses werden die Auswirkungen von Maßnahmen auf unterschiedliche energetische Standards (hier EnEV-Referenzgebäude und Passivhausstandard) für das Konstruktionsobjekt in Erfahrung gebracht. - 579 Fifth German-Austrian IBPSA Conference RWTH Aachen University Zur Nachvollziehbarkeit aller Ergebnisse wurden CAD - und Simulationsmodelle erstellt, die nach der Art der Vermittlungsabsicht unterschieden werden in - Qualitative Prüfmethoden, die eine Einordnung der Simulationsergebnisse zum Ziel haben, sowie - Quantitative Prüfmethoden, welche die ingenieurgerechte Durchführung und überprüfende Bewertung von Simulationsergebnissen mittels Handrechnung zum Ziel haben. Modellgebäude Für jede Vermittlungsabsicht in der Lehre wird ein Modellgebäude entwickelt, an dem die technische Erfahrung unter normierten Bedingungen (normiertes Modellierungsergebnis) geübt werden kann. Sie gliedern sich im Komplexitätsgrad von einem Gebäude mit einer Zone bis hin zu freien Entwürfen. (Abb. 2) DIGITALE MODELLIERUNG DER SIMULATIONSOBJEKTE Architektonische Räume werden in der Abwägung von Geometrie und Lichtführung gestaltet. Zur Überprüfung der energetischen Auswirkungen der Gebäudeentwürfe ist eine Geometrieübertragung in das Simulationsmodell erforderlich. In der Regel sind die Möglichkeiten der digitalen Modellierung bei Ausarbeitung differenzierter und komplexer Geometrien (Abb. 2-C bzw. 10) in den Simulationswerkzeugen soweit eingeschränkt, dass ein praxistauglicher Einsatz für Modellvarianten nur erschwert möglich ist. Für die Lehre wird aus diesem Grund die Modellierung der Geometrie außerhalb des Simulationswerkzeuges vorgenommen. Der dafür erforderliche Prozess umfasst die Schritte CADModellierung, Datenübertragung in ein Simulationswerkzeug und von dort die Modellaufbereitung in der Simulationsumgebung. BIM und Schnittstelle IFC Innerhalb des Lehrkonzeptes wird auf dem Ansatz der 3D-Modellierung mittels Building Information Modeling (BIM) aufgebaut. Die BIM-Methode bildet für den praxisüblichen Planungsprozess einen Ansatz für ganzheitliche Planungsorganisation und Planungsdokumentation eines Gebäudes (Liebich). Für den Vorprozess zur Simulation wird jedoch nur auf die Produktdaten des virtuellen Gebäudemodells zurückgegriffen. Weitere Anwendungen des BIM sind zwar aus Sicht des CAD wünschenswert, erschweren jedoch den Zugang zur Schnittstellennutzung in das Simulationswerkzeug in der Lehre unnötig. Abbildung 2: IFC Modellgebäude: Einfacher Modellraum (A) – Zweigeschossiges Modellgebäude (B)– freier Entwurf. (C) (Masterarbeit A. Oel) Die Datenübertragung erfolgt mittels offener und markteingeführter IFC-Schnittstelle IFC2x3 (Egger et al. 2013). Nicht alle Möglichkeiten des BIM werden bei der Übertragung von Software zu Software unterstützt. Zur Bewältigung der auftretenden Fragen wurden Konformitätsprüfungen zur Analyse der IFCBeschreibung (Einführung von Werkzeugen wie SimpleBim) eingeführt. Zur Lehre für die Simulation genügt die Vermittlung von Grundlagen der formalen Beschreibung der Schnittstelle anhand des Modellraums A (Abb. 2 A). (Liebich). QUALITATIVE PRÜFMETHODEN Ein wesentlicher Teil des Lehrmodells ist der schrittweise Aufbau einer thermischen Gebäudesimulation mit seinen bilanztechnischen Hintergründen. Damit wird sichergestellt, dass die Zusammenhänge des komplexen Gesamtsystem eines Gebäudes in der Bilanz grundlegend verstanden werden. In Analogie zum Konstruktionsvorgang beim Entwerfen eines Gebäudes wird ein Bilanzierungssystem für die Simulation aufgebaut. Im Sprachgebrauch der Konstruktionsmethodik ist das eine Konfigurationsaufgabe. Mit deren Hilfe wird das Entwurfs- und Analyseproblem mittels Handlungsvorgabe für einen einfachen Baukörper vorstrukturiert. Das zugehörige Simulationsobjekt ist ein denkbar einfacher Entwurf eines aus einem Raum bestehenden Gebäudes. Die Abmessungen (10m x 10m x 3m) sind für ein Büro für 10 Personen realistisch so gewählt, dass Plausibilitätskontrollen mittels Handrechnung einfach gemacht werden können. Die Vertiefung der Bilanzierungen erfolgt anhand einzelner physikalischer bzw. technischer Grundlagen, wie z.B. die Wärmeleitungsgleichung (Abb. 4). Deren Diskretisierung sowie die Implementationsansätze werden erläutert. Mittels graphenorientierter Verfahren werden die Bilanzgleichungen visualisiert. Daran wird der Aufbau eines Bilanzsystems analog zu (Susilo et. al. 2010) vermittelt, sowie alle Teilsysteme variierend simuliert. Das dynamische Verhalten wird jeweils verglichen. Die Schritte sind (siehe auch Abb. 3): 1. Kleinstes Teilsystem in einer dynamischen Gebäudesimulation: Wärmefluss durch ein eindimensional aufgebautes Bauteil. Es können die zu - 580 Fifth German-Austrian IBPSA Conference RWTH Aachen University Grunde gelegten Gleichungen (insbesondere die eindimensionale instationäre Wärmeleitungsgleichung) hergeleitet oder gezeigt und erklärt werden. Durch Variation der Materialien (schwer vs. leicht, dämmend vs. wärmeleitend) wird der dynamische Wärmefluss durch ein Bauteil untersucht. Ein erster Vergleich mit statischen Methoden ist möglich. Dadurch kann der Student erfahren, dass der klassische U-Wert bei einer dynamischen Betrachtung nicht nur falsch ist, sondern faktisch gar nicht existiert. 2. Die Systemgrenze wird auf einen Raum erweitert, der von mehreren Wänden umgeben ist. Dadurch kommt hauptsächlich der Einfluss der internen Lasten hinzu. Wichtige neue Gleichungen sind die Wärmebilanzen des Raumluftknotens sowie von strahlenden Oberflächen. Es werden Vereinfachungen diskutiert und qualitativ sowie quantitativ untersucht: • Modell für den konvektiven Wärmeübergangskoeffizienten. • Modell für den Wärmeübergangskoeffizient infolge Strahlung. • Vereinfachung der langwelligen Wärmestrahlung zwischen Raumoberflächen durch einen Strahlungsknoten mit einer Strahlungsbilanz pro Raum, statt einer Bilanz pro Oberfläche. Der Raum wird damit zum System, welches die Wände entweder mit einschließen kann oder nicht. An die Stelle der im 1. Schritt konstant vorgegebenen Innentemperatur kommen die Wärmebilanzgleichung des Raumluftknotens, sowie diejenige des Strahlungsknotens bzw. der Raumoberflächen. Anhand der Variation von Wandaufbauten (z.B. Innen- vs. Außendämmung) und der internen Lasten kann das dynamische Verhalten eines Raumes untersucht werden. Die Interpretation von Temperaturverlauf und dynamischer Wärmebilanz des Raumes geschieht immer Hand in Hand. Eine stärkere Dämmung ändert z.B. kaum etwas in der Wärmebilanz. Dieselbe Bilanz wird aber auf einem generell höheren Temperaturniveau erreicht. Aus der Position der Wärmedämmung innerhalb des Wandaufbaus wird der Einfluss auf beide Ergebnisse erfahrbar. Abbildung 3: Konfigurationsbaum Modellraum Durch Variation der konvektiven Wärmeübergangskoeffizienten (z.B. konstant vs. abhängig von der Temperaturdifferenz zwischen Oberfläche und Raumluft), sowie des Modells für die langwellige Strahlung zwischen Raumoberflächen, kann die Sensitivität einzelner Modellvereinfachungen erfahren werden. 21 Elevat ion T Q Azimut h 0.5 Abbildung 4: Aufbau einer graphenbasierten Simulation eines Einzelbauteils Abbildung 5: Modellraum, interne Lasten und Auswirkungen auf Lufttemperatur bei Innen- und Außendämmung - 581 Fifth German-Austrian IBPSA Conference RWTH Aachen University 3. Das System wird ergänzt mit Fenster. Dadurch kommt zur Außentemperatur die Solarstrahlung als weitere Art von externen Lasten hinzu. Das Fenstermodell kann behandelt werden: • Transmissionswerte für Energie (g-Wert), Gesamtstrahlung (τ) und für Licht (τvis) • Winkelabhängigkeit der Transmissionswerte • Einfluss eines Sonnenschutz auf die Transmissionswerte und deren Winkelabhängigkeit Es kann auf die Vereinfachungen des Fenstermodells aufmerksam gemacht werden: • Abhängigkeit der Transmissionswerte von den Wellenlängen • Detaillierte Modellierung der Konvektion in Gasspalten • Hinterlüftung von Doppelglasfassaden • Regelbarkeit von z.B. Lamellenwinkeln, etc. Ein Vergleich mit und ohne Solarstrahlung zeigt den Einfluss der Fenster. Die Erfahrung des Zusammenhangs Wärmebilanz – Raumlufttemperatur wird vertieft: Es kann beobachtet werden, dass sich Wärmeflüsse z.T. auch hier nicht ändern, sondern lediglich einzelne Zustände (hier die Raumtemperaturen), welche dieselben Wärmeflüsse ermöglichen (gleiches Verhalten für interne und externe Lasten). Die Größe sowie die Ausrichtung der Fenster werden variiert. Abbildung 6: Vergleich Modellraum opak / Fenster 4. Mit passiven Kühlmaßnahmen (Sonnenschutz und Fensterlüftung) wird nun versucht, die Nachteile der Fenster so klein als möglich und deren Vorteile so groß als möglich zu halten. Dabei ist es wichtig, nicht nur den Sommer- und den Winterfall zu betrachten, sondern auch die Übergangsperiode. Es kann gezeigt werden, wie schwierig eine klare Differenzierung ist, ob (von intern oder von extern) dem Raum zugeführte Wärme einen Wärmegewinn oder eine Wärmelast darstellt (also „nützlich“ oder „schädlich“ ist). Ebenso werden die unterschiedlichen Bewertungen des thermischen Raumkomforts (EN 15251, DIN 4108-2, Personenunzufriedenheitsstunden nach Fanger, etc.) angesprochen und untereinander verglichen. Variiert wird • die Geometrie des baulichen (fixen) Sonnenschutzes • das Material und die Position (innen vs. außen) eines nahe am Fenster angebrachten Sonnenschutzes. • Art und Komplexität der Steuerung/ Regelung der Fensteröffnung sowie des regelbaren Sonnenschutzes. 5. Durch das Einfügen einer aktiven Heizung und Kühlung geschieht ein grundlegender Wechsel des Raumverhaltens vom Zustand der freien Flüsse zur Einhaltung geforderter Raumluftparameter. Dies wird dadurch erreicht, dass in den im 2. Schritt eingeführten Wärmebilanzgleichungen für den Raumluftknoten ein Summand hinzugefügt wird, welcher positiv (Heizgerät) oder negativ (Kühlgerät) werden kann. Wir nennen dies ein „ideales“ Verhalten der Wärme- und Kälteabgabe (ideales Heiz-/Kühlelement). Dieselben Variationen aus den Schritten 1-4 können wiederholt werden. Anstelle der Zustände im Raum (Raumlufttemperatur) ändert sich die Wärmebilanz durch einen regelbaren Wärmefluss, welcher einen direkten Einfluss auf die Zustandsgröße hat. Durch Variation der Regelung von Fensteröffnung und Sonnenschutz (Schritt 4) kann nun die erste Optimierung der Energie für Heizung, Kühlung und Beleuchtung erfolgen. D.h. zur einzelnen Betrachtung verschiedener Perioden (Sommer, Winter, Übergangszeit) kommt die Ganzjahresbetrachtung hinzu. Eine Maximierung der passiven Effekte und Minimierung des aktiven Aufwandes ist das Ziel. 6. Die ideale Wärme- und Kälteabgabe an den Raum wird durch ein realeres Abgabeverhalten ersetzt. Bereits die Ergänzung der konvektiven Abgabe aus Schritt 5 (Ergänzung der Wärmebilanz für den Raumluftknoten) mit einem radiativen Anteil (Ergänzung der Wärmebilanz für den Strahlungsknoten) führt zu einem anderen - 582 Fifth German-Austrian IBPSA Conference RWTH Aachen University dynamischen Verhalten des Raumes. Wichtig ist zusätzlich auch eine reale Abbildung des Regelverhaltens der Heiz- und Kühlelemente, sowie der Abhängigkeit der Abgabeleistung von der Vorlauf- und der Raumtemperatur. Ergänzend zu den Konvektoren und den Radiatoren erfolgt die Abgabe auch konduktiv an die Bauteilmassen (Bauteilaktivierung). Durch Variation der Art, der Position und der Dimension der Heiz- und Kühlgeräte können die Unterschiede in der Abgabe- und der RegelungsCharakteristik untersucht, sowie Über- und Unterschwingen der Raumlufttemperatur beobachtet werden. Es kann gezeigt werden, dass der unterschiedliche zeitliche Verlauf der Wärme /Kälteabgabe einen Einfluss auf die Jahresenergie hat. QUANTITATIVE PRÜFMETHODEN Die praxisgerechte Anwendung des Arbeitsflusses erfolgt im nächsten Ausbildungsschritt anhand eines realitätsnahen mehrzonalen Nichtwohngebäudes (Abb. 7 „Referenzgebäude“). Es ist ein als Nichtwohngebäude mittels CAD erstelltes Objekt. Anhand einer IFC-Schnittstelle wird das CADModell in ein Programm der thermischen Gebäudesimulation eingelesen und es können berechnungsrelevante Parameter (z.B. Bauphysik, Nutzungsprofile, etc.) definiert werden. Dabei werden die Ansätze der Energieeinsparverordnung bzw. DIN V 18599 berücksichtigt. Die Wahl der Parameter erfolgt im Hinblick auf die Optimierung der Wärmeverluste über opake Bauteilflächen bei gleichzeitiger Minimierung des Kühllastpotentials (thermische Entspeicherung), Optimierung der Fensterflächenanteile bzw. Verschattungseinrichtungen unter Berücksichtigung der Tageslichtnutzung in Verbindung mit der Reduzierung des Solarenergieeintrages und die Ausnutzung der natürlichen Lüftung (z.B. Nachtauskühlung). Für das Erlernen und Üben werden quantitative Prüfmethoden für Nichtwohngebäude entwickelt. Anhand des Modells wird eine normierte Simulation für den gesamten Prozess bereitgestellt. Die Prüfung von Simulationsberechnungen ist ein besonders wichtiger Schritt zur Absicherung des weiteren Auslegungsprozesses. Dabei kommt es darauf an, komplizierte Zusammenhänge so zu vereinfachen und zu parametrisieren, dass sich einfach zu prüfende Konfigurationen ergeben. Abbildung 7: Zonierung des Referenzgebäudes (B) Zur Absicherung von thermischen Simulationsberechnungen werden an die Fragestellung angepasste Handrechenverfahren für Heiz- und Kühllast nach aktueller Normung sowie Infiltrationsberechnungen mittels Knoten-MaschenModell verwendet. Durch entsprechende Parameterwahl ist es möglich, einen Großteil der Eingaben durch einige wenige Berechnungen von Hand abzusichern. Dies bringt sowohl Sicherheit in der Anwendung der Simulations- bzw. Berechnungswerkzeuge als auch ein vertieftes Verständnis der Zusammenhänge und Wechselwirkungen. Nach Optimierung der Gebäudehülle und somit der abzuführenden Heiz- und Kühllasten, werden unter Berücksichtigung der Anlagentechnik des EnEVReferenzgebäudes die zur Klimatisierung des Gebäudes notwendigen Energiemengen (z.B. Strom, Erdgas, etc.) ermittelt. Unter Anwendung von Berechnungsvorschriften aus der DIN V 18599 werden für jede Stunde eines Jahres Energieverbrauchswerte ermittelt. Während mit den Handrechenverfahren zur thermischen Gebäudesimulation der Gesamtkontext der Simulation auf Plausibilität geprüft wird, dienen die Resultate von Handrechenverfahren zur Anlagensimulation (Abb. 8) einerseits als Überprüfung der Ergebnisse der Simulation und andererseits als Eingangswert in die Anlagensimulation. Abbildung 8: Wärme- und Kälteerzeuger - 583 Fifth German-Austrian IBPSA Conference RWTH Aachen University Ausgehend von den Berechnungsergebnissen aus Handrechenverfahren und Simulationsmethoden werden unterschiedliche Energieerzeugungsanlagen und Übergabesysteme hinsichtlich ihres Energieverbrauches, der Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit (z.B. Primärenergiebedarf, CO2Emission) untersucht und vergleichend gegenübergestellt. Abschließend wird bewertet, inwieweit gesetzliche Anforderungen (zB. EEWärmeG) oder projektspezifische energetische Anforderungen (z.B. Einhaltung von Passivhauskriterien) eingehalten werden. ERGEBNISSE Im vorgestellten Konzept werden die Felder einer energieeffizienten Gesamtsystemplanung als CAEMethode praxistauglich auf einzelne Wissensgebiete getrennt. Digitale 3D-Modellierung, thermische Gebäudesimulation sowie im praktischen Arbeitsfluß folgende gesetzliche und wirtschaftliche Bewertungen sind die Haupttätigkeitsfelder. Aus den zurückliegenden Jahrgängen in der Anwendung dieser Lehre reift die Erkenntnis, dass es für das Verständnis eines jeden Teilgebietes sehr hilfreich ist, algorithmisch nachvollziehbares Handlungswissen für ein konkret zu erreichendes Ergebnis vorab zu formulieren. Dazu sind für den experimentierenden Umgang mit Simulationsaspekten ergänzend variierende Aufgaben formuliert worden. Digitale Modellierung Für die iterative Entwicklung von Gebäudekonzepten hat die digitale Modellierung eine wichtige Bedeutung (z.B. Verschattungskörper, 3D-Konzepte, usw.). Zur Anwendung kamen aufgrund der Vorbildung der Studierenden alle gängigen BIMfähigen CAD-Werkzeuge. Grundsätzlich konnten alle Studienarbeiten angefertigt werden. Nach den Erfahrungen kann bei den Studierenden allgemein nur auf Modellierungskenntnisse im 2 bzw. 2 1/2D Bereich zurückgegriffen werden. Eine Lösung bietet die Vermittlung von 3D-Modellierung mittels BIMAuthoring für die Gebäudegeometrie. Diese Modellierungstechnik ist zwar grundlegend, muss aber wie die Nutzung der IFC-Schnittstelle als eigene Technologie in der Lehre vermittelt werden. Weiter zeigt sich, dass spezielle fachkundliche Anleitung für die 3D-CAD Modellierung hilfreich ist. Unterstützend wirken für Modellgebäude CADModelle mit zunehmender Komplexität, die als Musterdokumente dienen. Es zeigt sich, dass die vollständige BIMModellierung von Produkteigenschaften und Nutzung über die Schnittstellen hinweg zu keinem vertieften Verständnis führt. Vollautomatisch übernommene Modellierungen führen zu unerwünschten Ergebnissen bei der in der Anwendungen komplexen Simulation. Eine strikte Datentrennung zwischen den BIM-Daten und den spezialisierten Simulationsdaten ist anzuraten. Zur Kontrolle der korrekt übertragenen Geometrie und Zonendaten empfehlen sich qualitative Kontrollen der Geometrien (z.B. Licht auf Boden), Schattenanalyse von Zonen, Verschattung und Laibungstiefen im Simulationswerkzeug. Es zeigt sich, dass detaillierte Vorgehensbeschreibungen zur Erstellung und Übertragung eine wertvolle Grundlage darstellen. Obwohl eine Reihe von verfügbaren Werkzeugen zum Einsatz kam, war es nur für ein CAD-Werkzeug erforderlich, eine Handlungsanweisung zu dokumentieren. Eine Übertragung auf andere Werkzeuge konnte von allen Studierenden erreicht werden. Evaluation qualitative und quantitative Prüfmethoden sowie frei formulierte Entwürfe Die Simulationslehre mit dem Lehrkonzept wurde anhand von Studienarbeiten und Prüfungen evaluiert. Die Lehrinhalte zum Aufbau eines Simulationsmodells werden mittels schriftlicher Prüfung als grundlegender Wissensstoff geprüft. Für die normierte Berechnung mit dem zweigeschossigen Bürogebäude wurden einzelne Belegaufgaben als Studienarbeiten vorgegeben. Aufgrund der angefertigten Handlungsanweisungen sind die Ergebnisse der Studienarbeiten den Anforderungen entsprechend. Exemplarisch ist dies der nachfolgenden Auswertung eines Jahrgangs für einen Aufgabenteil zu entnehmen. Abbildung 9: Ergebnisse Studierende gegenüber Musterlösung (1 - innius) - 584 Fifth German-Austrian IBPSA Conference RWTH Aachen University Abbildung 10: Entwurf und Analyse mittels Simulation Bürogebäude (Studienarbeit Hans Brandl) Anhand der vermittelten Vorkenntnisse werden im Rahmen einer Semesterarbeit integral zu konzipierende Entwürfe angefertigt. Ausgehend von den Entwürfen werden Konzepte unterschiedlicher Ausprägung simuliert und mittels Entwurfsansätzen im energetischen Aufwand verbessert. Die Parameter für die Optimierung des speziellen Objektes werden dazu der Simulation entnommen. (Abb. 10) Anhand des Konzeptes konnte die Simulation in den allgemeinen Studienbetrieb mit aufgenommen und darüber hinaus ein vertieftes Verständnis von Bauphysik und Gebäudetechnik geweckt werden. Mit der allgemeinen Einführung wurde schließlich die Qualität der Simulation bei Masterarbeiten deutlich gesteigert. LITERATUR Borrmann, André; Günthner, Willibald A. (2011): Digitale Baustelle-innovativer Planen, effizienter Ausführen. Werkzeuge und Methoden für das Bauen im 21. Jahrhundert. Dordrecht, New York: Springer. Clarke, J. A. (2001): Energy simulation in building design. 2. Aufl. Oxford: ButterworthHeinemann. Egger, Martin; Hausknecht, Kerstin; Liebich, Thomas; Przbylo, Jakob (2013): BIM-Leitfaden für Deutschland. Information und Ratgeber. Endbericht. Hg. v. Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR). Berlin. Hensen, Jan L. M. ed. (2011): Building performance simulation for design and operation. Includes bibliographical references. London: Spon Press. Hensen Jan L. M.: Building Performance Simulation for better Design. Some Issues and Soulutions. Online http://www.bwk.tue.nl/bps/hensen/public ations/04_plea_bps-issues.pdf, zuletzt geprüft am 09.03.2014. Liebich, Thomas: IFC2x3 TC1 Summary. Online verfügbar unter http://www.buildingsmarttech.org/specifications/ifc-releases/ifc2x3-tc1release/summary, zuletzt geprüft am 25.09.2013. Reinhart, Christoph; Dogan, Timur; Ibarra, Diego; Samuelson, Holly W.: Learning by playing teaching Energy Simulation as a Game. Online verfügbar unter http://www.gsd.harvard.edu/rese arch/gsdsquare/Publications/LearningByPlaying. pdf, zuletzt geprüft am 09.03.2014. Strand, Richard; Liesen, Richard, Witte, Michael. (2004): Resources for Teaching Buidlign Energy Simulation Online verfügbar unter h10ttp://www.ibpsa.us/pub/simbuild2004/papers/ SB04T1C3.pdf, zuletzt geprüft am 09.03.2014. Susilo, Adhi; Bauer, Martin. Thermal Building Simulation with Maplesim. Conference Procedings of BauSim 2010, Wien, 2010. van Treeck, Christoph (2009):
Pages: 578 - 585
Paper:
bausim2014_1207